Unter Allgemein werden meine persönlichen Ansichten über diverse Gebiete der Pharmazie und Medizin behandelt. Es werden weder Angriffe auf einzelne Personen oder Exponenten bezweckt.
FPH Titel - Leserbrief an Pharmajournal
3/3.2003
FPH-Titel von PharmaSuisse
Apothekerinnen und Apotheker haben ein anspruchsvolles naturwissenschaftliches Studium zu absolvieren, bevor sie ihren gewählten Beruf ausüben können. Ich persönlich hatte anschliessend die Möglichkeit, mich fast 10 Jahre wissenschaftlich zu betätigen und hatte so die Einsicht in statistische Methoden, die medizinische Wirkungen erfassen. Eine nur ein einziges Mal erfasste Wirkung kann niemals die Grundlage für eine generelle Aussage sein.
Es ist deshalb für mich unverständlich, dass PhamaSuisse für unwissenschaftliche, nicht verifizierte und nicht nachvollziehbare Therapien FPH Titel vergibt. Pharmazie beruht auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und ist weder Philosophie noch Theologie.
Dem PharmaJournal von Dezember 2022 lag ein Flyer bei, der für die Erwerbung eines Fähigkeitsausweises FPH in anthroposophisch erweiterter Pharmazie warb. Anthroposophie ist eine spirituelle und esoterische Weltanschauung, die mit «Heilseherorganen» geschaffen wurde. Ebenfalls soll es einen FPH Titel für Homöopathie geben, eine Methode, die bis heute keiner einzigen wissenschaftlichen Überprüfung standhielt.
Wenn PharmaSuisse solche Titel vergibt, warum nicht auch ein FPH Titel für Scientologie, ein Titel fürs Handauflegen, ein Titel für Voodoo, ein Titel für Lourdes-Wasser-Therapie, ein Titel für Geistheilungen, ein Titel für ausserirdische Therapie usw.. Die Vergabe von FPH an Pseudowissenschaften und Scharlatanerie schadet der Seriosität von PharmaSuisse und macht alle anderen Titel lächerlich.
Eine Bitte an PharmaSuisse:
Beschränkt die Vergabe von FPH-Titeln auf seriöse, wissenschaftlich abgesicherte Gebiete oder wenigstens auf Gebiete, die nicht Patienten in die Irre führen und ihnen oft sogar schaden.
Zürich, März 2023
Albert Ganz
Persönliche Ansichten und Überzeugungen
Die Komplementärmedizin
Therapeuten, die angeben, sich der Komplementärmedizin als Alternative zu der "Schulmedizin" zu bedienen, gaukeln Ihren Patienten und Kunden oftmals etwas vor, was es gar nicht gibt.Schon der Begriff Schulmedizin ist nicht korrekt. Die Medizin ist eine sich in stetigem Wandel betreffende allerdings nicht absolute Wissenschaft. Wegen der stets neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse muss sich die Medizin anpassen und alte Ansichten bereinigen. Die Medizin muss sich immer wieder beweisen.
Die Komplementärmedizin beinhaltet verschiedene Richtungen und Ansichten, die teilweise nicht nachvollziehbar sind und auf "Heilslehren" einiger Exponenten beruhen. Aber wenn die Ansichten und Erkenntnisse sich nur auf eine einzige Person beziehen, dann sind diese sehr unwahrscheinlich. Medizin ist auch Erfahrung vieler Personen.
Komplementärmedizin teilt sich in diverse Bereiche und Gruppierungen auf. Die Übersicht kann nie vollständig sein:
Phytomedizin und Phytopharmazie:
Die Behandlung von Krankheiten mit Arzneipflanzen bedeutete der Anfang der Medizin. Schon in den Anfängen der Menschheit wurden Krankheit damit behandelt. Auch heute werden immer wieder neue und unerwartete Arzneistoffe und Wirkungsprinzipien in der Natur gefunden.
Phytotherapien sollten nicht zur Komplementärmedizin gezählt werden. Dennoch wird sie dort angesiedelt, was eine toxische Verbindung ist.
Homöopathie
Die Homöopathie gibt es in diversen Variationen, die alle auf der Ansicht bestehen, dass Pflanzen und Mineralien die Möglichkeit haben, Energien in andere Medien zu übertragen. Allerdings konnte in keiner wissenschaftlich kontrollierten Studie ein solches Phänomen nachgewiesen werden.
Formen der Homöopathie:
- klassische Homöopathie nach Hahnemann
- Bachblüten
- Schüsslersalze
- andere
Anthroposophie
Anthroposophie ist eigentlich eine "Heilslehre" und vermittelt weltanschauliche Prinzipien. Sie steht der Homöopathie nahe.
Gemnologie
Hier wird an die "Macht" der Steine geglaubt. Natürlich haben gewisse Mineralien, einen Einfluss auf die Psyche der Menschen, So faszinieren Kristalle und Diamanten. Aber ein direkter Einfluss auf die Gesundheit wurde noch nie festgestellt.
Handauflegen
Die Zuwendung zu erkrankten Personen kann diese psychisch beeinflussen und Erleichterung bringen. Die gehört aber zu einer Psychotherapie, dessen Wirkung belegt ist. Handauflegen wird eher durch Scharlatane praktiziert.
Geistheilungen
Durch sogenannte Geistheilungen wird versucht, den Patienten in eine psychische Abhängigkeit zu bringen und können für ihn gefährlich werden.
Traditionelle chinesische Medizin (TCM)
Die traditionelle chinesische Medizin bedient sich alter Erfahrungen, die im Umgang mit Heilpflanzen erworben wurden. Die Wirkungen dieser Pflanzen werden denn auch wissenschaftlich untersucht. Leider bedienen sich Vertreter der TCM auch obskurer und irrigen Untersuchungen und interpretieren die Wirkungen ihrer Therapien mit nicht nachvollziehbaren Methoden. Untersuchungsmethoden der TCM werden auch in anderen Therapien verwendet:
Tee, Pflanzen-Aufgüsse und Tinkturen aus Pflanzen und Tieren
Nach einer Konsultation in einer TCM-Praxis erhält der Patient meistens ein Präparat verschrieben, das aus exotischen Pflanzen besteht, aber auch tierische Produkte enthalten kann. Ob diese Produkte wirklich eine Wirkung erzeugen können, ist meistens unklar. Man muss froh sein, wenn sie nicht schaden.
Irisdiagnosen
Natürlich sind viele Krankheiten und Reaktionen im Auge erkennbar. Bei einer Lebererkrankung wird die normale weisse Lederhaut gelblich verfärbt und Medikamente können die Pupille vergrössern oder verkleinern. Aber eine umfassende Diagnose zu stellen über das Beobachten der Iris ist eine Sache der Unmöglichkeit.
Körper-Meridiane
Dass der Körper neben dem Blutkreislauf und dem Nervensystem zusätzlich über ein Meridiansystem verfügen soll, konnte bis anhin nicht nachgewiesen werden.
Fussreflexzonen
Dass die menschlichen Füsse über ein weitverzweigtes Nervensystem verfügt ist sicher, aber dass durch Manipulationen am Fuss andere Organe beeinflusst werden können, ist bisher nicht nachgewiesen worden. Das gleiche gilt für die Ohren, die nach Ansicht einiger Therapeuten den ganzen Organismus repräsentieren sollen.
Akupunktur
Bei der Akupunktur gibt es tatsächlich einige Hinweise, dass eine medizinische Wirkung eintreten kann. Allerdings liegt die Wirkung nur knapp über einer Placebo-Reaktion.
Der menschliche Körper verfügt mit Sicherheit über noch unbekannte oder noch nicht erforschte Systeme. So weiss man über die Funktion der Faszien, einer Gewebeschicht, die die Muskeln überzieht, noch rel. wenig. Eventuell könnte die Akupunktur eine Reaktion der Faszien bewirken.
Es ist interessant zu sehen, dass die TCM im Westen teilweise eine grössere Bedeutung besitzt als in China selber. Im modernen China wird der modernen Medizin mehr vertraut als den traditionellen Heilmethoden. So kommen die alten Methoden oft nur bei sexuellen Störungen zum Zuge. Oft sind dann absolut obskure und unnachvollziehbare Substanzen und Methoden in Gebrauch. Dass ein Nashorn-Horn als Aphrodisiakum angesehen werden kann, ist mit einer irrigen Fantasie noch zu verstehen, aber wieso soll Eselhaut sexual stimulierend sein? Dennoch wurden Esel fast ausgerottet.
Bioresonanz
In der Bioresonanz werden unsinnige Maschinen, die irgendwelche Ausschläge aufzeichnen, verwendet, um Krankheitsangaben zu machen. Nachweislich taugen die hier verwendeten Maschinen zu nichts. Der Einzige der verdient, ist der der solche Maschinen für teures Geld verkauft und geprellt sind die unbedarften Anwender und vor allem die Kunden.
Astrologie
Wird weiter geführt
Gründunge einer neuen Gesellschaft für Komplementärmedizin
Frage Im Pharmjournal 2/2.2023 nach dem Grund einer Gründung einer neuen Gesellschaft für Komplementärtheorie
Zusammenfassung meiner Ansicht:
Die Gründung eines Vereins steht jedem frei, aber die Bezeichnung sollte nicht irreführend sein. Zudem ist die dortige Teilnahme der Phytotherapie eine toxische Verbindung.
Akademische Gesellschaft für Homöopathie und Komplementärmedizin
In der Schweiz ist es jedermann/frau erlaubt, einen Verein zu gründen, ausser dieser bezwecke eine ungesetzliche und/oder unmoralische Tätigkeit. Auch sollte der Verein sich nicht mit irreführenden Bezeichnungen, Zielen und Versprechen brüsten.
Wird ein Verein als «akademisch» bezeichnet, so wird suggeriert, dass die Tätigkeiten des Vereins mit einer Hochschule oder Universität in Beziehung stehen. Allerdings ist der Begriff rechtlich nicht geschützt, so kann es auch eine Akademie der Kaninchenzüchter geben. Auch wenn die Mitglieder des Vereins über einen Hochschulabschluss verfügen müssen, so ist der Vereinsinhalt noch lange nicht akademisch. Beim neuen Verein ist der Begriff «akademisch» mit Sicherheit irreführend.
Medizin und Pharmazie wären in der Vergangenheit ohne die Verwendung von Arzneipflanzen niemals ausgekommen. Noch heute spielen viele Arzneipflanzen eine grosse Rolle in der Therapie und der Prävention. Auch sind Pflanzen noch ein unerschöpfliches Reservoir neuer Arzneistoffe. Deshalb ist es mir unverständlich, dass Phytotherapie und Phytopharmazie sich esoterischen Gruppierungen, wie Homöopathie, Spagyrik usw. anschliessen. Allerdings habe ich grossen Respekt von Therapeuten, die sich der Probleme von Patienten annehmen, diese diskutieren und begleiten. Lange war dies die Aufgabe von Seelsorger und Sozialhelfern. Leider wurden die Probleme immer komplexer und schwieriger zu behandeln. Gerade hier ist aber die Spielwiese der «Naturheiler», die teilweise Patienten lange zur Kasse bieten.
Die Natur hat alle Organismen mit einem ausgeprägten Selbstschutz ausgerüstet. Dieser braucht keine ausgeklügelten Hilfsmittel, seien dies Globuli, Tropfen, Steine, Kristalle oder was sonst angeboten wird. Wichtiger sind aber sicher die zwischenmenschlichen Beziehungen – an denen sollte gearbeitet werden. Wellnesscenter und Ferienorte, Fitnessklubs und Bäder dienen auch zur Erholung und sind für eine Regeneration wichtig. Allerdings sind das keine medizinischen Einrichtungen und der Aufenthalt dort wird zu Recht nicht durch die Krankenkasse vergütet.
Wenn also ein neuer Verein für Komplementärmedizin gegründet werden soll, dann einer, der sich auf die Qualität der zwischenmenschlichen Gespräche, der Entwicklung von Empathie, der Zuhör-Technik beschäftigt. Ob aber solche Wohlfühl-Oasen, Rückzugsorte und Sympathie-Einrichtungen zur Medizin gehören, ist sicher ein Graubereich. Auch die Abgrenzung zur medizinischen Psychotherapie ist fliessend.
Zur Frage, ob ein neuer Verein gegründet werden soll, soll allen frei überlassen werden. Aber PharmaSuisse sollte die Akkreditierung eines Vereins, der sich mit obskuren esoterischen Therapien beschäftigt, Therapien, die weltweit keiner wissenschaftlichen Prüfung standhalten, weder fördern, noch unterstützen. Sonst macht sich PhamaSuisse lächerlich. Auch wenn PharmaSuisse nicht selbst für die Vergabe von FPH-Titeln zuständig ist, so sollte der Verband auf das FPH-Institut einwirken, dass der Titel nicht für frühmittelalterliche Ansichten vergeben wird.
Albert Ganz, März 2023